VIP INTERVIEWS

TRADITION TRIFFT MODERNE - ANNA & STEPHAN SCHNEIDER

Dem Ehepaar von der Brauksiepe Goldschmiedemanufaktur in Essen-Kettwig geht es vor allem um die Werte Transparenz und Glaubwürdigkeit. Heute spricht Pure Lebenslust mit der Gold- und Silberschmiedemeisterin Anna Schneider und mit ihrem Ehemann Stephan, der eine besondere Gabe für Kommunikation besitzt. Gemeinsam mit ihrem Team kreieren und fertigen sie Schmuck von großer Strahlkraft und Wertigkeit in ihrer gläsernen Goldschmiedemanufaktur in der Meisenburg in Essen. Es ist vor allem Anna Schneiders faszinierender Designcode, sowie die bis an Perfektion grenzende Qualitätsorientierung, die die gläserne Goldschmiedemanufaktur zu einer, inzwischen national ausstrahlenden, Institution werden läßt.

Wir führen heute ein etwas anderes Interview. Die rein sachlich-fachliche Ebene ist wichtig. Was uns jedoch viel mehr interessiert ist die Hingabe, mit der unsere Interviewpartner das Thema Schmuckkreation und Schmuckfertigung leben. Anna Schneider, wie beschreibst Du Dein persönliches Designkonzept?
Anna Schneider: Das ist nicht einfach zu beschreiben, obwohl ich diese Frage häufiger gestellt bekomme. Ich entwerfe jedes Teil vorab in meinem Kopf. Jedes Schmuckstück von uns trägt deshalb im Grunde meine Handschrift. Inspirieren lasse ich mich vor allem durch meine Umwelt. Ich laufe mit offenen Augen durch die Welt. Wenn ich zum Beispiel einen Oldtimer mit schönen Felgen sehe, dann weiß ich wie das nächste Schmuckstück aussehen könnte. Wenn ich eine Blume sehe, die von den Farben her üppig blüht – zum Beispiel lavendelfarben mit kleinen gelben Stempeln – dann spüre ich, wie wundervoll diese beiden Farben zusammenwirken. Meine Entwürfe folgen alle dem „Goldenen Schnitt“ – einem uralten Gestaltungsgesetz. Ohne zu messen fühle und sehe ich das.

Anna Schneider im Interview.

Also sind es nur wenige aber wesentliche Leitlinien, denen Du bei Deinen Schmuckkreationen folgst: Die Natur inspiriert Dich. Ebenso die Formgebung der Umwelt, sowie formale Design-Gesetzmäßigkeiten wie der „Goldene Schnitt“, der Designer wie ein Navigationssystem unterstützt. Was überwiegt aus Deiner eigenen Persönlichkeit heraus? Das Formal-Geradlinige oder das Verspielte aus der Natur?
Geradlinig, puristisch, exakte Formen, ganz straight – das sind wir. Wir sind nicht floral. Was ich mir aber aus der Natur abschaue sind die Farben und deren Kombinationen. Durch die Meeresfarben weiß ich zum Beispiel, welche Wasserfarben man miteinander kombinieren kann. Zum Beispiel ein blasses Türkis in Kombination zu einem blassen Blau. Bei der Formgebung lasse ich mich auch von Architekturentwürfen inspirieren.

Die Menschen erleben Euren Schmuck als Schnittstelle zwischen Deiner Codierung im formal ästhetischen Bereich, sowie Farben und Opulenz aus der Natur. Ist es diese Poesie der Gegensätze?
Absolut. Das ist ein Begriff, mit dem ich mich identifizieren kann. Ich mag zum Beispiel zarte, blasse Mädchenfarben. Diese müssen aber groß und plakativ inszeniert sein.

Wie gehst Du in Deinem Designprozess vor?
Von meinem Kopf kommt es aufs Papier. Ich skribble sehr viel und danach wird es angefertigt. Zu unserem Team gehören Meister, Gesellen und Azubis, die alle den Schmuck anfertigen.

Fertigt Ihr Designlinien, sind es also Schmuckfamilien oder eher Solitäre?
Es sind immer Familien: Farb-, Form- und Materialfamilien. Unsere Vitrinen sind alle nach Farb- und Formfamilien zusammengestellt. Entweder sind alle Formen soft und abgerundet weich oder geradliniger. Im Moment geht der Schmucktrend dahin, dass man viele feine Stücke zusammen trägt. Drei oder vier Armbänder, die zusammen ein Ganzes ergeben. Oder man trägt beispielsweise mehrere solitäre Ringe zusammen an einem Finger. Außerdem haben wir Materialfamilien. Zum Beispiel Perlen in Kombination mit Metall und Farbsteine in Kombination mit Brillanten oder Leder. Die Kontraste ziehen sich an.

Von der Designidee in die Umsetzung.

Mechthild Brunnert (Mecky) im Arbeitsprozess.

Wie materialisiert Ihr diese Idee in der Schmuckfertigung? Wie gehen Eure Gold- und Silberschmiedemeister vor?
Oftmals baue ich ein Muster selbst und gebe es dann in die Produktion. Wir fertigen jedes Teil nicht nur einmal an. Einen Farbedelstein gibt es jedoch nur einmal. Also wird aus diesem Stein ein Ring angefertigt. Wenn dieser verkauft ist, wird ein neuer Ring gemacht. Ringe aus Brillanten können wir dagegen in einer Vielzahl fertigen. Natürlich unterscheiden sich diese minimal, da sie handgemacht sind. Trotzdem ist es eine Kollektion. Mecky, meine Meisterin, die schon seit vielen Jahren für uns arbeitet, weiß immer sofort was ich möchte. Zum Teil muss ich es schon gar nicht mehr aufzeichnen. Es genügt ihr wenn ich sage, dass ich 30mm Ohrclips möchte, die rund und gewölbt sein sollen. Somit weiß sie auch sofort welche Materialstärke benötigt wird. Es hat jedoch lange gedauert, bis wir unsere Formsprache synchronisiert hatten. Ich bin da sehr pingelig. Auszubildende müssen bei mir Übungsstücke anfertigen, bis die Formsprache wirklich stimmig ist. Bei uns ist es egal, ob das Stück vom Azubi, vom Gesellen oder vom Meister angefertigt wird. Alle Stücke sind perfekt, wenn ich sie abgesegnet habe. Bei mir darf sich auch ein Azubi an hochkarätige Schmuckstücke trauen. Am Ende geht es dann ja ohnehin nochmal zur Finalisierung über meinen Tisch.

Stephan Schneider im Interview.

Stephan Schneider, wir haben von Deiner Ehefrau Anna etwas über die Codierung ihrer Designideen bis hin zur Umsetzung erfahren. Diese Schmuckstücke müssen anschließend aber auch auf die richtigen Menschen treffen. In der gläsernen Goldschmiedemanufaktur bist Du unter anderem dafür da, die Menschen mit diesen Kreationen in Berührung zu bringen. Wo sind die Berührungspunkte zu den Menschen und wie gestaltest Du diese aus?
Stephan Schneider: Das hat zum einen etwas mit unserer Lage zu tun. Wir befinden uns ja nicht in einer innerstädtischen 1A-Lage. Wir sind in einem Hinterhof eines historischen Gebäudes. Entsprechend war es uns bei der Ausrichtung unseres Verkaufsraums, aber auch in der konzeptionellen Ausrichtung unseres Unternehmens, entscheidend wichtig, uns zu öffnen. Das heißt, wir möchten in unserer Denkweise, in unserer Arbeitsweise und im Designprozess für unsere Kunden und Partner transparent sein. Es geht uns um Authentizität. Die Menschen sollen zum Beispiel beobachten können, wie wir ein Schmuckstück herstellen, welches Material wir verwenden. Also präsentieren wir unser Handwerk des Gold- und Silberschmieds vollkommen offen. Außerdem war es uns immer von großer Bedeutung, jederzeit zu verdeutlichen, warum wir anders sind und wodurch wir uns abgrenzen. Für mich bedeutet Abgrenzung, sich selbst treu zu bleiben und niemand anderes sein zu wollen. Wir sind ein Gold- und Silberschmiede-Betrieb, eine Schmuckmanufaktur und kein Juwelierbetrieb. Was heißt das? Der Juwelierbetrieb kauft Schmuck von namenhaften Herstellern ein, die zum Teil in großen Serien fertigen und verkauft diesen dann wieder. Also sind fast alle Juwelierbetriebe vom Typ her klassische Handelsunternehmen. Aber – verstehen wir uns bitte nicht falsch. Das ist keine Bewertung, schon gar keine Abwertung. Nur haben wir in der Gläsernen Manufaktur eine vollkommen andere Identität. Wir entwerfen hier jedes einzelne Schmuckstück. Hier wird zu hundert Prozent handwerklich gefertigt. Und direkt aus unseren warmen Händen heraus – wie man so schön sagt – wird er verkauft. Transparenz und Authentizität sind also die wichtigsten Bausteine unserer Philosophie. Unsere Zielgruppe ist so definiert, dass wir offen für Jedermann sind. Wir möchten jeden Kunden besten Wissens beraten und für ihn die entsprechende, individuelle Lösung und vielleicht auch das passende Produkt finden. Unabhängig von den jeweiligen Budgets, aber immer klar entlang der Fimenphilosophie, dass wir ein Goldschmiedebetrieb sind. Wir verarbeiten nur Edelmetalle, echte Perlen und Edelsteine. Das ist die Grundvoraussetzung.

Waren diese einfachen Prinzipien von Beginn an Euer Fundament?
Ja, wir haben beide den Luxus, dass wir selbstständig sind, dass es unsere Firma ist und dass wir uns dementsprechend diesen Luxus der glaubwürdigen Darstellung unserer Personen erlauben können. Wir haben diese Firma vor fünf Jahren gegründet. Ohne fremde Mittel – das ist nicht die Regel. Es hat viel mit Disziplin zu tun und dass man sich selbst zurücknehmen kann. Auch Durchhaltevermögen, gepaart mit vielen anderen Werten, die im Alltag unverzichtbar sind. Das erlaubt es uns jeden Tag aufs Neue, dass wir uns frei entfalten können. Diese Freiheit ist für uns etwas Fundamentales.

Wo gibt es Berührungspunkte außerhalb der Meisenburg? Wenn Ihr sagt, dass Glaubwürdigkeit und Transparenz Eure wichtigsten Werte sind, wo sind dann die zwei, drei wichtigsten touch-points, um Eure Kunden zu treffen?
Bei uns ergibt sich eine einmalige Situation. Wir treffen hier auf das älteste Handwerk, welches wir in Deutschland haben – den Gold- und Silberschmied. Ich persönlich komme nicht aus diesem Bereich. Ich habe eine kaufmännische Ausbildung und war im Marketing tätig. Zusammen mit meiner Frau Anna und mir trafen sich also das Handwerk und die Welt des Marketings. Mein Vater war Uhrmachermeister, insofern war mir das Thema Handwerk nicht ganz unbekannt. Als ich meine Frau kennenlernte – sie war damals erst ein paar Monate selbstständig – merkte ich, dass mehr als nur Fleiß und Disziplin dahinter steckt. Das was sie jeden Tag erschafft wurde ihr sozusagen in die Wiege gelegt. Insofern habe ich immer versucht, sie dabei zu unterstützen. Auch in ihrem eigenen Betrieb. Als fest stand, dass wir auf einen Hinterhof gehen, war von vorneherein klar, dass Anna sich weiterhin um das Thema Schmuck mit ihrem Team kümmert und ich meine Position dahingehend verstärke, uns bekannt zu machen. In jeder unserer Kommunikationen glaubwürdig zu bleiben war immer unsere Priorität. Unseren Gästen möchten wir gern zeigen was passiert. Somit können sie daran teilhaben und uns auf dem Weg der Entwicklung begleiten und verstehen, warum wir bestimmte Wege gehen. Die Ausrichtung in den Medien ist bei uns sehr unterschiedlich. Wir legen sehr viel Wert auf regionale und lokale Medien. Natürlich auch um uns hier, an diesem sehr außergewöhnlichen, zauberhaften Standort, bekannt zu machen. Andererseits möchten wir erreichen, dass die gläserne Manufaktur auch über die Grenzen hinweg bekannt wird. Daher freuen wir uns sehr über die Partnerschaft mit dem Condé Nast Verlag und der Vogue, seit knapp 2 Jahren. Das sind klassische Printmedien, die für uns sehr wichtig sind. Über Social Media sind wir natürlich auch immer auf der Suche nach neuen Wegen und verschließen uns nicht. Das passt wieder zum Thema Tradition trifft Moderne. Sponsoring ist für uns auch ein wichtiges Thema. Hier haben wir 2013 den Dressurreitsport für uns entdeckt. Dieser graziöse, sehr edle und äusserst Disziplin erforderne Sport war und ist für uns ein Thema, in dem wir uns wiederfinden. Somit sind wir nun bereits seit vier Jahren Sponsoren der Dressur-Turnierserie „Brauksiepe Goldschmiedemanufaktur Essener Ü-35 Cup“. Dieses Turnier wächst aufgrund der Tatsache, dass wir Sponsoring sehr ernst nehmen. Wir stellen nicht nur finanzielle Mittel zur Verfügung. Wir sind vor Ort mit Gummistiefeln, begrüßen jeden Reiter und bedanken uns, dass sie daran teilnehmen. Wir versuchen, das Thema zu leben. Eine weitere Säule in unserer Ausrichtung ist Kooperation. Da wo es möglich ist, wo man uns anspricht, wo es gegenseitig gut passt, gehen wir gerne Kooperationen ein. Das sind beispielsweise Sportveranstaltungen, Tage der offenen Tür etc. Wir leben ebenfalls eine soziale Verantwortung. Meine Frau Anna und ich sind auch Mitglieder beim Förderturm in Essen. Das ist ein Verein, der sich um notleidende Kinder kümmert. Die Kinder kommen aus vielen unterschiedlichen Schichten und werden dort betreut. Jeder kann sich vorstellen, dass – obwohl wir in einem sehr reichen Land leben – es trotzdem vor der eigenen Haustür Defizite gibt. Wenn wir einen Beitrag dazu leisten können, damit dieses Defizite etwas kleiner werden, dann wollen wir diese auch tun. Das ist für uns beide eine Herzensangelegenheit. Und soll es für uns bleiben.

Herzlichen Dank für das Interview.

Tanja Kämmner (Schmuckberaterin) & Carina Gronen (Goldschmiedin und Schmuck-/Produktdesignerin)

Brauksiepe Goldschmiedemanufaktur
Meisenburgstraße 266 | 45219 Essen-Kettwig
Tel. 02054 9388650
www.brauksiepe-goldschmiedemanufaktur.de