ERLEBNISGASTRONOMIE

LUST AUF DIE NEUE BURGER-GENERATION?

DER TREND DES GUTEN GEWISSENS

Text: Katharina Piszczan

Burger aus dem Bun Bites Beef, Münster.

 Wir lieben sie alle: Burger. Mediterran angehaucht, exotisch ausgeprägt oder ganz Old School, aber bitte nicht langweilig! Uns alle - Frauen, Männer, Studenten, Geschäftsleute oder Rentner - hat der Burgerkult ergriffen. Und das auch aus gutem Grund: weg vom ranzigen Fast Food-Charakter hat sich der Burger als ein nachhaltiges und individuelles Erlebnisprodukt etabliert: ein Patchwork aller Sinne. Wo die besten Burger bruzzeln und warum alle Welt begeistert ist - ich habe die große NRW Tour gemacht und für Euch fleißig geburgert.

DER WHOPPER HAT EINEN STATUS-VERLUST ERLITTEN

Prof. Dr. Gunther Hirschfelder, Wissenschaftler im Bereich der Ernährungsforschung und europäischen Esskultur, beschäftigt sich tagtäglich mit Trends unserer Ernährung und erzählt im Interview mit PURE LEBENSLUST, was uns an der neuen Burger-Generation so fasziniert.

UNSERE ESSKULTUR SCHEINT EINE REVOLUTION ZU ERLEBEN: ALLE WELT HAT LUST AUF BURGER – WARUM?
Es gibt definitiv eine Lust auf nicht standardisierte und individuelle Burger, die in einem anderen Ambiente serviert werden, denn Essen ist zunehmend zu Lebensstil, zum Bekenntnis, geworden. Unser Essen wird eher in einem anderen Kontext gesehen, der Burger stellt einen größeren Anspruch an sich selber und auch an den Kunden. Außerdem hat der Burger einen ganz starken kommunikativen Faktor, da er im Nachhinein eine narrative Komponente einbindet. Bei der neuen Generation von Restaurants oder Locations handelt es sich um Erlebnisräume, die Essen in Gemeinschaft ermöglichen, an der das Publikum, das einen urbanen, nachhaltigen, Genussorientierten Lebensstil führt, interessiert ist. Der Standardburger bei den üblichen großen Ketten dagegen hat einen Statusverlust erlitten. Niemand, der in einer Werbeagentur in Düsseldorf arbeitet, berichtet im Kollegium, dass er gestern den neuen Whopper gegessen hat. Außerdem hat der Burger den Vorteil, dass er einen klaren Namen hat und zudem – im Gegensatz zu Convenience-Burgern – eine sehr niedrige Peinlichkeitsschwelle, die zum Erlebnischarakter passt.

DIE STEIGENDE ZAHL DER BURGER-RESTAURANTS MACHT ES SICH ZUR AUFGABE, FLEISCH ZU VERWENDEN, DESSEN HERKUNFT DER KONSUMENT NACHVOLLZIEHEN KANN, DAS AUS EINER NACHHALTIGEN ZUCHT STAMMT – WARUM SOLL SICH DER BURGER SEINES FAST FOOD-CHARAKTERS ENTLEDIGEN?
Wenn Essen zu Lifestyle wird, unterliegt es Konjunkturen und beim Erlebnis-Burger gibt es den Wunsch nach Abwechslung. Essen ist im Prinzip von einer eher funktionalen Angelegenheit zu einer modeorientierten Gelegenheit geworden. Das Thema „Nachhaltigkeit“ würde ich immer mit spitzen Fingern anfassen. Wenn Sie die gesamte Produktionskette durchleuchten, den ganzen „Farm to Fork“-Prozess, dann sind viele Produkte, die wir als nachhaltig verkaufen, beim genaueren Hinsehen letztendlich überhaupt nicht nachhaltig. Wenn Sie ein Rind haben, das nach Biostandard frisst, können Sie trotzdem Import-Sojafutter benutzen. In Punkto Nachhaltigkeit ist die Frage, ob eine Prozesskette, bei der ein konventionelles Rind, das sein Milchvieh-Zyklus hinter sich hat, aus der Region kommt und bei McDonald’s landet, nicht nachhaltiger erfolgt als beispielsweise bei einem Neuland-Produkt, das auf der Grenzlinie zwischen konventionellem und biologischem Anbau liegt. Da kauft der Konsument auch gerne eine Mogelpackung.

WOHER KOMMT DIESES STEIGENDE INTERESSE AN EINER GUTEN UND GESUNDEN ERNÄHRUNG?
Während wir in meiner Generation, der in den 60er Jahren Geborenen, eher ideologisch gedacht haben in Bezug auf politische Systeme, ist heute der Hauptbezugspunkt der eigene Körper, die eigene Gesundheit und eventuell noch das gute Gewissen. Das spiegelt sich natürlich alles in der Ernährung wider. Wir haben seit den 90er Jahren eine zunehmende Thematisierung des Themas „Essen“, sodass „gesunde Ernährung“ in der ganzen Gesellschaft angekommen ist. Ich kann als normaler Uni-Mentor oder als männlicher Student sagen: „Gesunde Ernährung ist mir wichtig und ‚nachhaltig‘ ist interessant“, ohne – wie noch vor 30 Jahren – als Spinner zu gelten.

EURE BURGER HOTSPOTS

BUN BITES BEEF, MÜNSTER

Die Burger-Freunde Stefan Böhm, Thomas Wehrmann und Mike Gottlob gründen Ende vergangenen Jahres ihr Burger- Restaurant mit dem Gedanken, Fleisch zu beziehen, dessen Herkunft nachzuvollziehen ist, hier: von einem regionalen Schlachthof, der auf eine artgerechte Tierhaltung achtet. Nicht nur lecker soll das Essen sein, sondern auch frisch und fair, so dass Stefan Böhm auch mit Freude dahinterstehen kann: „Ich finde es schön, wenn man beginnt, bewusst Fleisch zu essen.“ Die Location – ein Highlight für sich: das Industrieflair bestimmt die angenehme Aura. Ein durchdachter Look, der dennoch absolut willkürlich und sympathisch wirkt, lädt ein, in angenehmer und lockerer Atmosphäre sein Essen zu genießen und auch zu verweilen. Alte Industrielampen, selbst gestaltete Möbel, bis hin zu Barhockern, die aus alten Traktorsitzen bestehen, kennzeichnen das Design. Auch der Blick in die Speisekarte verblüfft: alle Burger sind nach Hip Hop-Alben benannt, genau wie die musikalische Untermalung des Lokals. Zwölf Burger mit Fleisch, vier vegetarische sowie vegane Burger und vier Burger mit Pulled Pork gibt’s auf der Karte. Während den Illmatic ein in Senf gebratenes Patty, Bacon, Romasalat, Tomaten, eingelegte Gurken, Zwiebeln und Ketchup kennzeichnen, ist der Moon Safari zum Beispiel eher mediterran angehaucht: Büffelmozzarella, Rucola, Tomaten, Mayonnaise und Pesto. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei, ich entscheide mich für den „The W“ – einen Burger mit Fleisch, Ziegenkäse, Honig, Walnüssen und Rucola, bei dem ich die Zutaten intensiv herausschmecke. Süßkartoffelpommes runden meine Wahl ab, selbstgemachte Saucen verleihen den nötigen Pfiff. Eine Alternative zur Pommes: Maiskolben mit einer aromatischen Zitronenbutter.

FREDDY SCHILLING, KÖLN

In Neuseeland entstand die Idee dieses Burger-Restaurants von Henning und seinem Kompagnon, der seinen ersten Burger bei Alfred Schilling im Garten gegessen hat. Alfred Schilling hat damals schon alles selbst gemacht: das Hackfleisch, die Kartoffeln selbst geschnitten, die Brötchen frisch beim Bäcker bestellt. Als Hommage an den ersten emanzipierten Hausmann und einen der Burgerpioniere in Deutschland erhielt dieses Restaurant seinen Namen. Aus Tradition zum Manufaktur-Gedanken wird für die Burger artgerecht gehaltenes Fleisch verwendet, das umweltschonend erzeugt wird und von Neuland kommt. Die Brötchen werden nach eigener Rezeptur in der Bastian’s Bäckerei in Köln gebacken, während die Pommes, Saucen und auch eine überaus leckere hauseigene Limonade selbst gemacht werden. Es gibt zwei Filialen in Köln, ich besuche die im Eigelstein. Eine offene Küche ermöglicht es, seinem Burger beim Bruzzeln zuzuschauen und auch sonst geht’s hier familiär zu: ich bestelle an der Theke und hinterlege meinen Vornamen, sobald mein Burger fertig ist, werde ich aufgerufen: „Kathi, Dein Burger ist fertig“ – prompt wird mir mein Essen an den Tisch gebracht. Ich esse eine Tante Tiziana, einen Burger mit Rauke, Parmesan, gratinierten Tomaten und einer würzigen Tomatensauce. Dazu gibt’s Rosis, kleine Kartoffeln mit Butter und Rosmarin. Beides sehr lecker. Auch die Atmosphäre wird durch einen besonderen Charakter dominiert: der ganze Laden wurde aus ausgemusterten Gerüstbohlen gebaut, ganz im Sinne des Up-Cycling. Alles recht modern, auch der Umgang mit den Gästen, selbst der 55-jährige Bänker wird geduzt, ist aber kein Problem, vielmehr sympathisch.

GRINDHOUSE HOMEMADE BURGERS, DÜSSELDORF

Marko, Ante und Chris sind alle 27 Jahre alt und schon seit vielen Jahren befreundet. Was sie außerdem zusammenhält: ihre Leidenschaft zum Burger. Vor knapp einem halben Jahr haben sie daher hier in der Bankstraße ihr Burger-Restaurant eröffnet und setzen auf Fleisch, das von lokalen Höfen aus dem Niederrhein kommt. Als eines der wenigen Restaurants gibt’s hier Dry Aged Beef, also vier Wochen trockengereiftes Fleisch. Die Saucen sind selbstgemacht und das schmeckt man auch. „Wir verstehen uns nicht als Fast Food. Bei uns hat ein Burger Pattie 180 Gramm, das ist schon eine Portion“, erzählt mir Marko Domazet, der Geschäftsführer. Die Brötchen schmecken leicht süßlich und kommen von der Traditionsbäckerei Hinkel aus Düsseldorf. Imbisscharakter kommt hier in keinster Weise auf: eine Weinauswahl, Longdrinks und nicht zuletzt ein guter Service lassen das Burger-Essen zu einem richtigen Restaurantbesuch werden. Auch das Ambiente kennzeichnet ein besonderes Flair: ein moderner Vintage- Charakter macht das Grindhouse zum kleinen „New York“ von Düsseldorf. Wer sich bei der Auswahl der Burger nicht entscheiden kann, hat hier die Möglichkeit mit einer Customize Burger-Karte seinen Burger ganz individuell zusammenzustellen. Ich entscheide mich stattdessen für den Chèvre: Ein Burger mit Tomate, Babyspinat, Preiselbeeren, milden Ziegenkäse und der Grindhouse Mayo. Mich beeindruckt die Komposition der Zutaten, die intensiv schmecken, insbesondere das Zusammenspiel aus Preiselbeeren und Ziegenkäse ist eine echte Gaumenfreude. Sehr leckere Süßkartoffelpommes und alle acht Saucen toppen hier mein Geschmackserlebnis.

BANG BANG BURGERS & BEER, GELSENKIRCHEN

„Eine Mischung aus Kreativität und einigen Köpfen, die unglaublich Bock haben, nie stehen bleiben, immer nach vorne gehen und trotzdem Lokalpatrioten geblieben sind“, zu dritt haben Alexander Schlüter, Florian Beisenbusch und Ben Küstner das Burger-Restaurant eröffnet. Aus der Partyreihe „Bang Bang Gelsen“ entstand ein Lokal für Leute, die „Wert auf einen geilen, nachhaltigen Burger“ legen, erzählt der 28- Jährige. Das Bang Bang Burgers and Beer bezieht sein Fleisch daher aus Dorsten vom Weiderind: „Uns ist wichtig, dass alles fair ist.“ Den allgemeinen Trend nach Nachhaltigkeit verzeichnen sie auch im Gespräch mit ihren Gästen: „Ich merke, dass meine Gäste Wert darauf legen, dass alles ‚selfmade‘ ist – egal ob es die Möbel oder die Nahrung ist.“ Daher gibt’s hier keine Tiefkühlware, die Brötchen treffen selbstgebacken aus der Traditionsbäckerei Wegmann ein. Das Design spiegelt den Zeitgeist einer urbanen Szene wider: das Team von Prinzträger wollte eine Mischung aus modern und altbacken schaffen. Ein eigentümlicher Used-Look sorgt für eine besondere Note. Inmitten des Lokals: eine lange Tischtafel, an der 22 Leute sitzen können, die für einen hohen Kommunikationsfaktor sorgt. Auch ich sitze an diesem Tisch und merke schnell: hier wird nicht still und anonym vor sich hingegessen, sondern eine narrative Komponente dominiert das Essen. Aus sieben Burgern suche ich mir den „Ernst Kuzorra seine Frau ihr Burger“ aus. Sehr gutes Fleisch mit frischem Spinat, Gorgonzola, karamellisierten Schalotten und gerösteten Walnüssen überzeugen mich genauso wie das leckere Brötchen und die knusprigen Süßkartoffel-Pommes (an dessen Rezeptur lang gewerkelt wurde), die mir – korrelierend zur Design-Linie des Ladens – in einem Drahtkörbchen serviert werden.

HANS IM GLÜCK, RECKLINGHAUSEN

„Eine Mischung aus Kreativität und einigen Köpfen, die unglaublich Bock haben, nie stehen bleiben, immer nach vorne gehen und trotzdem Lokalpatrioten geblieben sind“, zu dritt haben Alexander Schlüter, Florian Beisenbusch und Ben Küstner das Burger-Restaurant eröffnet. Aus der Partyreihe „Bang Bang Gelsen“ entstand ein Lokal für Leute, die „Wert auf einen geilen, nachhaltigen Burger“ legen, erzählt der 28- Jährige. Das Bang Bang Burgers and Beer bezieht sein Fleisch daher aus Dorsten vom Weiderind: „Uns ist wichtig, dass alles fair ist.“ Den allgemeinen Trend nach Nachhaltigkeit verzeichnen sie auch im Gespräch mit ihren Gästen: „Ich merke, dass meine Gäste Wert darauf legen, dass alles ‚selfmade‘ ist – egal ob es die Möbel oder die Nahrung ist.“ Daher gibt’s hier keine Tiefkühlware, die Brötchen treffen selbstgebacken aus der Traditionsbäckerei Wegmann ein. Das Design spiegelt den Zeitgeist einer urbanen Szene wider: das Team von Prinzträger wollte eine Mischung aus modern und altbacken schaffen. Ein eigentümlicher Used-Look sorgt für eine besondere Note. Inmitten des Lokals: eine lange Tischtafel, an der 22 Leute sitzen können, die für einen hohen Kommunikationsfaktor sorgt. Auch ich sitze an diesem Tisch und merke schnell: hier wird nicht still und anonym vor sich hingegessen, sondern eine narrative Komponente dominiert das Essen. Aus sieben Burgern suche ich mir den „Ernst Kuzorra seine Frau ihr Burger“ aus. Sehr gutes Fleisch mit frischem Spinat, Gorgonzola, karamellisierten Schalotten und gerösteten Walnüssen überzeugen mich genauso wie das leckere Brötchen und die knusprigen Süßkartoffel-Pommes (an dessen Rezeptur lang gewerkelt wurde), die mir – korrelierend zur Design-Linie des Ladens – in einem Drahtkörbchen serviert werden.

BURGERCULT, MÜNSTER

Am Germaniacampus laden in absolut gemütlicher Atmosphäre Eduard Gutjahr und sein Geschäftspartner Markus Lach zu leckeren Burgern in einem authentischen und lockeren Ambiente ein. Warme Töne dominieren massive Holztische, während Lederbänke und echtes Kuhfell besondere Akzente setzen. Nicht ganz Western-Style, nicht ganz modern – einfach stilvoll. Als Kind hat der 48-Jährige bereits Burger für seinen Bruder gemacht und nun auch in Münster seinen Traum umgesetzt. Mit Fleisch aus Seppenrade möchte Eduard seinen Kunden ein ehrliches und qualitativ hochwertiges Produkt bieten, das einzigartig ist und verwöhnt. Immer auf der Suche nach variantenreichen Burgern, greift er gerne Jahreszeiten auf: „Aktuell ist der Spargel-Burger auf der Karte, bei dem wir auch die Hollandaise selbst machen.“ Ich esse einen Shiitake Cheese Burger. Eine Variation aus Dinkel Brötchen, der Burgercultsauce, Sweet-Chili Mayo, Rucola, Tomaten, frischen Gurken sowie Zwiebeln, gebratenen Shiitake-Pilzen und Cheddar überzeugt mich, genauso wie das Ambiente und der sehr
nette Service.

AUF EINEN BLICK

POTTBURGER
Kleine Beurhausstr. 20
44137 Dortmund
www.pottburger.com

PIWY’S BURGER
Weierstraße 189
46149 Oberhausen
www.piwys-burger.de

BLONDIE’S
Kortumstraße 140
44787 Bochum
www.blondies-bochum.de

BUN BITES BEEF
Wolbecker Straße 50
48155 Münster
www.bunbitesbeef.de

FREDDY SCHILLING - DIE HAMBURGER MANUFAKTUR
Eigelstein 147
50668 Köln und
Kyffhäuserstraße 34
50674 Köln

GRINDHOUSE HOMEMADE BURGERS
Bankstraße 83
40476 Düsseldorf
www.grindhouseburgers.de

BANG BANG BURGERS AND BEER
Weberstraße 87
45879 Gelsenkirchen
www.burgers-and-beer.de

BURGERCULT
Dorpatweg 2
48159 Münster
www.burgercult.de

HANS IM GLÜCK
Löhrhof 1
45657 Recklinghausen
www.hansimglueck-burgergrill.de